Samstag, 26. Oktober 2019

Tag 5: Auf Kammwegen mit Aussicht nach links und recht.

Montag, 21.10.2019
5. Wandertag
Pamplona nach Ekay-Longida
9,5h (mit Pausen) / 28km 
882m hoch / 843m runter

Draußen: Arschkalt. 7 Grad am Morgen. Die Berge, durch die ich heute wandern werde, sind noch von Wolken verhüllt. Aber ich bin trotzdem zufrieden, denn die Sonne ist immerhin auch zu sehen. Ich kann das insbesondere deswegen wertschätzen, weil der Wetterbericht für morgen schonmal 8h Regen angesagt hat.

Um 0900 Uhr macht der Supermarkt gegenüber von meinem Hotel auf, ich kaufe noch schnell ein paar Pflaster und tape meine Füße. Die ersten Schritte in den Stiefeln sind eher wackelig, als hätte ich Muskelkater und diverse Stellen schmerzen auf Anhieb. Aber was soll das Gejammere. Raus aus der Stadt, Richtung Südosten. Durch Parks und Neubaugebiete, danach noch mehr Neubaugebiete, entlang einer Art Fußgängerzone, die sich fast 2km geradeaus zwischen Wohnblocks bis zum Stadtrand zieht. Standrand ist hier - wie in Hellersdorf - der abrupte Wechsel zwischen Wohnsiedlung und Feld.

Das Feld überquere ich auf einem schlammigen Trampelpfad, 10 Minuten weiter riecht es schon wieder nach Bauernhof und Schweinezucht. Ich klettere stetig die Flanke einer Bergkette hinauf, die sich östlich von Pamplona in leichtem Bogen ins Land zieht.


Der Aufstieg ist steil, matschig und rutschig; ich schwitze, fluche, rutsche, gucke, verschnaufe. Irgendwann schluckt mich der Wald, der hier oben wächst, so daß mich die Hunde im nächsten Dorf da unten nicht mehr sehen können und endlich Ruhe geben. Der Weg führt stur über die Bergkämme hinweg und nimmt alle Auf- und Abstiege mit. Das macht er natürlich extra, fluche ich unter keuchendem Atem: Wenn man denkt, man wäre oben, geht der Weg einfach hinter dem nächsten Zwischengipfel mal wieder bergab, damit man gleich danach die verlorenen Höhenmeter wieder hochsteigen darf. Aber die Aussicht in die Täler links und rechts mit ihren endlosen leeren Feldern ist großartig ist, also bin ich versöhnt.


Mittagspause mit der Nase in der Sonne und im Wind an einer Art Jagdhütte, hier oben steht alle 100m irgendein Verschlag, den sich irgendwer da hingezimmert hat. Teilweise ufert das aus in hohe Türme, die weit über die Baumkronen hinausreichen. Jetzt passt auch zusammen, warum mir am Vormittag auf dieser Schotterpiste immer wieder forstaffine Autos mit einzelnen älteren Herren entgegen gekommen sind.


Der Weg wird schmaler und aus der Schotterpiste wird ein schmaler Pfad mit vielen steilen Stellen zum Kraxeln. Der Blick auf die Karte verrät mir, daß ich heute durch die vielen Anstiege und die Kraxeleien nur langsam vorankomme, eigentlich viel zu langsam. Gefühlt habe ich deutlich weniger Pause gemacht als mir lieb ist und wenn ich die restliche Strecke überschlage, komme ich vor 1800 sicherlich nicht an. Dazu kommt noch, daß am Himmel langsam Wolken und einzelne Gewitter aufziehen. Bei meinem letzten Zwischenziel vor dem Abstieg, der Ermita de San Miguel überlege ich ernsthaft, ob ich in dem kleinen offenen Schutzraum neben der Kapelle übernachten soll. Einerseits bin ich schon mächtig k.o., andererseits könnte ich mir dann die nächsten zwei Stunden Straßenetappe schenken. Aber ich habe keinen Tropfen Wasser mehr, meine gesamten 4,5 Liter sind schon ausgetrunken. Also ignoriere ich die ersten Regentropfen, ziehe mir nach nur 10min Pause die Stiefel wieder an und mache mich an den Abstieg.


Die letzten zwei Stunden sind selbstgewähltes Elend auf der Straße. Im ersten Dorf nach dem Abstieg konnte ich wenigstens noch meine Wasserflasche wieder auffüllen, aber zum Übernachten gab's da nix. Also zuckele ich 6km weiter auf der Straße, dort lockt ein Dorfhotel den müden Wanderer an. Ne fette Straßenetappe am Ende eines solch langen und harten Tages macht natürlich keinen Spaß. Aber ich freue mich trotzdem, daß ich so gut durchgehalten habe, auch wenn ich die heutige Strecke vollkommen unterschätzt hatte.

Das Dorfhotel an der Landstraße entpuppt sich später als ausgesprochen familiär und freundlich, das Abendessen ist der Knaller und wie schon letztes Jahr schmeckt mir die Vorspeise besser als der Hauptgang. Ich spüle mit zwei Bier nach und werfe mich noch in eine späte Badewanne, bis mir fast die Augen zufallen...

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