Montag, 28. Oktober 2019

Tag 7: Bummeltag mit Wow-Effekt

Blick zurück auf Lumbier mit Idyllenschwerpunkt Puente.
Mittwoch, 23.10.2019
7. Wandertag
Lumbier nach Javier/Xabier
4,75h (schon wieder ohne Pause) / 19km 
283m hoch / 225m runter

Durch den wolkenverhangenen Hinmel draußen wird es gefühlt noch später hell als sonst, erst um 0900 Uhr ist das Licht draußen so weit angeknipst, daß ich mich aus dem Bett bequemen mag. Ist aber auch nicht weiter schlimm heute, ich habe mir nur eine kurze Etappe vorgenommen und freue mich auf einen kleinen Tag.

Aus irgendeinem unerklärlichen Grund habe ich keine Lust auf Frühstück und stelle mich statt dessen direkt raus auf die Straße. Gleich hinter den Gärten beginnt der/die/das Foz de Lumbier, eine tiefe Schlucht, den der Fluß Irati in die Berge geschnitten hat. In den 1910er Jahren wurde in den Canyon auch noch eine Bahnlinie hineingefräst, die allerdings nur bis ca. Kriegsende existierte. Heute: Ein weiterer Grund, Touristen willkommen zu heißen. Ich komme und gucke und staune, während ich durch die Schlucht wandere, dabei zieht von hinten ein ordentlicher Regenschauer heran. Es wird der Einzige für heute bleiben.


Den Rest des Weges bis in nächste Dorf (Liédena) folge ich weiter der ehemaligen Eisenbahntrasse. In Liédena hat sich die Gemeinde was besonders Nettes/Verspieltes für die Pflasterung des Weges ausgedacht: Eisenbahnpflaster. Noch ein letztes Mal über den Fluß Irati, danach muß ich die nächsten Kilometer die Landstraße nehmen. Keine Alternative. Man köööönnte ja weiter bequem auf der ehemaligen Bahnstrecke laufen, wenn jemand die eingestürzte Brücke da drüben wieder aufgebaut hätte, aber nix. Also kämpfe ich mich die nächste Stunde mit LKWs, Autos, Umspannwerk und Industriegebieten ab, bevor als krönender Höhepunkt das Papierwerk von Smurfit Kappa schlimm aussieht und schlimm riecht.


Aber alles halb so wild, auch diese Straßenetappe geht zu Ende. Ich biege von der Straße ab, runter in die Gärten vor Sangüesa, und wechsele dabei fast unbemerkt von der Provinz Navarra in die Provinz Aragón. Die Sonne kommt raus und es dampft. Praktischerweise erreiche ich den Ort vor der Mittagspause, also kann ich im nächstbesten Supermarkt nochmal ordentlich Proviant fassen. Das macht den Rucksack zwar unangenehm schwer, aber es macht auch Sinn, denn hier ist wahrscheinlich die letzte EInkaufsmöglichkeit für die nächsten Tage. Mit Blick auf die Karten gehe ich im Moment davon aus, daß ich ab morgen 2 oder 3 Nächste im Zelt in den Bergen verbringen werde, bevor ich weiter östlich wieder ins Tal des Gállego und in Richtung Saragossa absteigen werde. Kleine Zivilisationspause also...

Hinter Sangüesa geht's wieder rauf in die Hügel, aus dem Gebüsch links und rechts des Weges riecht es nach Kamille, nassem Gras und nach Wildschweinen. In einem kleinen geschützten Tal sehe ich die ersten Olivenbäume dieser Tour - letztes Jahr in Andalusien hatten mich Oliven als quadratkilometergroße Monokulturen begleitet.





Noch ein kleines Stück Landstraße, dann treffe ich auf das Castillo de Javier und die dazugehörige Basilika, gleich gegenüber liegt mein Hotel. Angesichts der Parkplätze ringsum sind sie hier auf Massentourismus eingerichtet, aber ich bin offensichtlich gerade der Einzige hier. Mein Zimmer ist noch nicht fertig, ich bin zu früh da, also werfe ich den Rucksack ab und gehe rüber, die Burg besichtigen. Die Dame an der Kasse ist offensichtlich ganz froh, daß endlich mal jemand auftaucht,. Ich habe die ganze Burg und das ganze Museum für mich alleine, nur begleitet von der Stimme des Audioguides. Zum Abschluß des Rundgangs setze ich mich noch - ganz entgegen meiner Gewohnheiten - in der Basilika auf eine der Kirchenbänke und genieße die Stille des Raums, die Beleuchtung und die Tatsache, daß ich ganz alleine hier bin. Draußen auf dem Vorplatz sitzt immer noch die schwarze Katze von vorhin und blinzelt in die Nachmittagssonne. Was für ein entspannter Tag.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen