Mittwoch, 27. November 2019

Tag 32: Überführungsetappe mit kurzen Zivilisationsbesuch.

Freitag, 22.11.2019
32. Wandertag
Puerto de Arenillas nach Jérica
3,5h (inkl. Pause) / 16km
128m rauf / 541m runter

Samesame but different. Gleiches Taxi zum Paß, gleicher Fahrer - aber diesmal ziehe ich in die andere Richtung los, weiter grob mit Peilung Süden, nach Caudiel und Jérica. Der Himmel sieht mies und nach Regen aus. Auf dem Tableau der Wettervorhersage ist heute der einzige Tag weit und breit, der schon seit einer Woche fest mit Regen rechnen darf. Ab Mittags soll es durchgehend regnen. Da kommt es mir ganz gelegen, daß die heutige Etappe nahezu lächerlich kurz ist. Vielleiiiicht schaffe ich es ja vor dem Regen -- aber was soll das eigentlich; wenn ich naß werde, werde ich eben naß.

Weil ich heute morgen aus einer Laune heraus nicht gefrühstückt habe, mache ich im Tal hinter dem ersten Bauernhof sofort die erste Pause und mampfe die Empanadas, die ich mir von gestern Abend noch aufgespart habe. Ein starker Start in den Tag. Aber nach einer halben Stunde bekomme ich ein schlechtes Gewissen mir selbst gegenüber, hier so entspannt rumzusitzen. Nicht, daß ich mich später noch drüber ärgere, wenn ich im Regen stehe.

An einer Weggabelung zweigt der GR7 nach Westen ab, ich folge heute statt dessen dem Camino del Cid nach Süden. Passt mir ganz hervorragend, denn ab der Weggabelung verläuft sich der GR7 sofort unsichtbar im Unterholz und Gestrüpp, der deutlich neuere (und wahrscheinlich auch stärker beworbene) Camino del Cid ist ein entspanntes kleines Schotterband durch die Hügel, Hänge und Olivenhaine der nächsten Stunde. In der Ferne sehe ich in blaugrau die nächsten Bergketten, also meinem Spielplatz für die nächsten Tage. Unten im Tal dröhnt schon die Infrastruktur, ich höre und sehe Güterzüge, eine Autobahn und LKWs. Reichlich ungewohnt nach den ländlichen und weltentrückten Bergetappen der letzten Woche.

Torre del Molino, Caudiel
Für die diversen Picknick-Areas an den Rändern von Caudiel habe ich nur ein müdes Lächeln übrig, ich will gerade gar nicht sitzen. Ich muß auch nix Einkaufen, denn der Rucksack ist voll, daher schlüpfe ich durch Caudiel durch wie eine Fliege durch einen Busch, reihe mich auf der Via Verde ein (ja, schon wieder eine ehemalige Eisenbahnstrecke...) und mache mich auf den Weg, den kleinen Klacks Restetappe für heute fertig zu laufen.

Berliner, seid unbesorgt. Auch hier wird es langsam Herbst.
Nebenan fahren noch echte Züge.
Zum Abschluß (und als einziges Highlight des Tages) gibt es noch einen knapp 1km langen Tunnel, der dankenswerterweise beleuchtet ist. Drinnen ist es feucht und kalt, von der Decke tropft das Wasser und an den Wänden formen sich im Dunkeln tropfsteinartige Beläge. Das Echo ist hervorragend, ich habe es mehrfach überprüft. Obendrüber verläuft die erwähnte Infrastruktur: Autobahn, Schnellstraße, Bahnlinie und die ersten Häuser von Jérica.


Auf den letzten 200 Metern überholt mich plötzlich ein alter Mann, mein Wanderstolz ist zutiefst verletzt; erholt sich aber gleich wieder, als wir noch ein bißchen in den Nachmittag hineinplaudern. Zumindest im Rahmen meiner spärlichen sprachlichen Möglichkeiten. Der große Rucksack taugt offensichtlich immer wieder als Firestarter für neugierige Fragen, wo ich den hin will.

Bevor ich ankomme, mache ich noch schnell einen Schlenker zur örtlichen Postfiliale. Ich will endlich mein Campingzeug verpacken und nach Hause schicken, ich bin mir inzwischen sicher, daß ich das Zelt nicht mehr benutzen will. Mir ist es zu kalt in den Nächten (bzw. mein Schlafsack zu dünn dafür) und vor allem - und das ist eigentlich noch viel ätzender - wird es am Abend gegen 1730 Uhr dunkel und am nächsten Morgen gegen 0730 wieder hell. Das wären dann 14 langweilige Stunden im dunklen Zelt. Ich verzichte...
Die Post in Jérica enttäuscht mich allerdings mit wahnwitzigen Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 1200 bis 1245. Richtig, täglich eine Dreiviertelstunde. Die Bäckersfrau nebenan, bei der ich mir einen Trostsnack kaufe, hat meinen vergeblichen Postversuch durchs Schaufenster genau mit angesehen, kommentiert ebenfalls mit Unverständnis die Öffnungszeiten und verweist mich an die Post im Nachbardorf.

Den Nachmittag verbringe ich neben Ankommen, Nickerchen und Nachmittagsbier mit Recherchen und der Detailplanung, wie ich morgen zur Post ins 3km entfernte Viver komme, um dort die Dienste der spanischen Post in Anspruch zu nehmen und danach noch meine geplante Etappe zu laufen. Hrmpf.

Den Regen habe ich heute übrigens elegant verpasst. Keinen einzigen Tropfen habe ich auf den Kopf bekommen, erst am späten Nachmittag beginnt es zu regnen, als ich schon längst auf Stube sitze und entspannt aus dem Fenster gucken kann. Als Ausgleich regnet es dann aber auch den ganzen Abend und voraussichtlich auch die ganze Nacht...

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